Seit einiger Zeit frage ich mich, wieso das Thema "Virtual Reality" so interessant zu sein scheint. Wieso versucht man, die echte Welt in einem Computer abzubilden? Wenn man sich z.B. anschaut, welche "Dienste" - oder besser Angebote - auf den Otto-Normal-Internet-Nutzer einströmen, dann entdeckt man Spiele, Soziale Netzwerke, "Second Life" (obwohl das schon wieder tot zu sein scheint), Google (Maps, Earth, Streetview, Wave, Buzz...) und was nicht sonst noch alles. Und überall werden Dinge aus der echten Welt versucht im Computer nachzubilden: Freundeslisten (war mal ein Telefonbuch), 3D-Welten (die äußere Welt an sich), (Nutzer-)Profile (sind die Personen an sich). Alles kommt nochmal in digitaler Form in den Computer.
Und dann gehts los. Jetzt ist dieser ganze Kram im Rechner drinne und jetzt muss man wieder rankommen. Mit einem - Achtung! - Human-Machine-Interface (HMI), einer grafischen Benutzeroberfläche (GUI). Es werden Metaphern wie "Fenster" und "Schreibtisch" verwendet, um an die ganzen schönen digitalen Repräsentanten ranzukommen und ein Mensch, der es nicht gewöhnt ist, sich mit Rechnern zu beschäftigen, der bricht sich bald die Finger und rauft sich die Haare über die Dinge, die der Computer versucht, ihm zu sagen. Das ist doch alles Humbug.
Es gehört genau anders herum. Die Dinge des Lebens gehören nicht in den Computer, sondern der Computer gehört in die Dinge des Lebens - und zwar so, dass man einfach darauf zugreifen kann.
Jetzt werden die Schlauen natürlich sagen: "Mann, um sowas hinzukriegen, braucht man doch massenweise Informationen im Computer." Das stimmt ja auch, aber es sind die Informationen, die mein Leben erschweren, um einen Service zu nutzen, und nicht die, mit denen ich sowieso zu tun habe. Somit gehören nur die Kompliziertmacher und nicht die Eh-Da-Dinge in den Computer. Und wenn ein Computer diese Kompliziertmacher managet und sich selbst in einem Eh-Da-Ding verbirgt, dann entsteht auch der Eindruck, dass ein Eh-Da-Ding besser geworden ist, weil man es für neue Zwecke einsetzen kann.
Um das jetzt einmal zu konkretisieren: Wenn man also ein Spiel herstellen will, das dem Nutzer erlaubt in einer Virtuellen Welt Dinge zu tun, die er in der echten Welt nicht tun kann, dann stellt sich die Frage: Wie kann man ein solches Spiel auf die Eh-Da-Dinge im Leben verteilen. Welches Eh-Da-Ding in der echten Welt muss welche Spielfunktionalität bereitstellen, damit der Nutzer für das Spiel nicht lernen muss, einen Computer zu bedienen. Weiter: Wenn ein Nutzer z.B. ein Bahnticket haben will, dann ist es notwendig, dass durch ein natürliches Verhalten dem Nutzer die Gelegenheit gegeben wird, mit einer Institution in Kontakt zu treten, die diesen Wunsch erfüllen kann (z.B. durch Ansprechen). Er muss den Wunsch äußern und in einer natürliche Art und Weise einen Dialog führen können, um den Wunsch erfüllt zu bekommen. Das Herstellen der Verbindung ist dabei nur ein notwendiges Übel.
Ein Beispiel: Wenn ich ein Bahnticket bestellen will, dann hab ich keine Lust, erst den Rechner anzumachen, den Browser zu starten, auf das Lesezeichen "www.bahn.de" zu klicken und anschließend in wirklich hässlichen Eingabezeilen einzutragen, von wo, nach wo, um welche Uhrzeit ich fahren will. Ich stelle mir das eher so vor: Ich laufe gerade durch meine Wohnung, um meine Taschen zu packen, merke, dass ich noch kein Ticket habe und sage "Bahn". Eine freundliche Stimme fragt mich: "Startbahnhof", ich sage: "München". Die Stimme fragt mich: "Zielbahnhof", ich sage: "Hamburg". Sie fragt: "Schnell oder billig", ich sage: "Beides". Sie sagt nichts mehr, sondern wählt die Verbindung, auf die die genannten Kriterien zutreffen aus und bestätigt nur noch mit "Buchung erledigt! Sie haben Platz Nummer 3 in Wagen 5.", dass alles geklappt hat.
Man könnte nun den Eindruck bekommen, dass dieses Posting in einem Widerspruch zu früheren steht und in einer gewissen Weise tut es das auch. Vor einiger Zeit habe ich mich kritisch zum Thema "Intelligenz von Maschinen" geäußert. Die logische Schlussfolgerung aus diesem Posting ist, dass Maschinen (Computer) unbedingt intelligenter - in dem Sinn, dass sie mehr Daten bekommen - werden müssen, um irgendwann einmal sinnvoll bedienbar sein zu können. Und natürlich bin ich immer noch der Meinung, dass eine solche Entwicklung den Mensch auf keinen Fall ausser Acht lassen darf und dass mit einem scharfen Auge (oder besser: etwas Prakmatismus) darauf geachtet werden muss, dass Maschinen (Computer) nur für Dinge verwandt werden sollen, bei denen die Menschlichkeit nicht auf der Strecke bleibt.
Update: Man könnte meinen, dass ich diesen Text von Mark Weiser abgeschrieben habe. Dem ist nicht so. Leider habe ich erst nach dem Verfassen dieses Blog-Eintrags von The Computer of the 21st Century erfahren.
Freitag, 25. Juni 2010
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